Stuttgart, 29.11.2007
Nach geltender Rechtslage ist und bleibt
kommerzielle Werbung an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg
verboten.
Der rechtliche Rahmen stellt sich wie
folgt dar:
Gemäß Art. 7 Abs. 1 GG steht das
gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Nach Art. 6 Abs. 2
GG i. V. m. Art. 15 Abs. 3 LV sind Pflege und Erziehung der Kinder
das natürliche Recht der Eltern.
Nach Art. 14 Abs. 1 LV besteht
allgemeine Schulpflicht.
Gemäß Art. 28 Abs. 2 GG i. V. m.
Art. 14 LV sind die äußeren Schulangelegenheiten (worunter das
Sponsoring fällt) i.d.R. den Kommunen zugewiesen.
§ 38 SchG beschreibt die
pädagogische Verantwortung der Lehrkraft, die zusammen mit der
Schulleitung beurteilen muss, inwieweit sich Sponsoring und
pädagogischer Auftrag vertragen.
Aus den genannten Bestimmungen folgt:
Zum einen steht außer Frage, dass die
staatliche Schulverwaltung die Erfüllung des verfassungsrechtlichen
Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule zu fördern und Einflüsse von
außen, die diesem zuwiderlaufen, von der Schule fernzuhalten hat. Zum
anderen kann die staatliche Schulverwaltung berücksichtigen, dass
Sponsoring der einzelnen Schule zu Geld- und Sachmitteln verhelfen kann,
die die Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags besonders
fördern.
Bisher wurde auf der Grundlage des
staatlichen Neutralitätsgebots auch nie beanstandet, dass Dritte
einzelnen Schulen Zuwendungen zukommen ließen, wenn der pädagogische
Nutzen der Zuwendung offenkundig war und ein damit verbundener
Werbezweck im Hintergrund steht.
Es ist zunächst Aufgabe der Schulträger,
die Schulen so auszustatten, dass sie ihrem Auftrag nachkommen können.
Hierzu ist ein Ausstattungsmindeststandard i.S.d. Gleichheitsgrundsatzes
des Art. 3 GG zu garantieren. Sponsoring kann einige Schulen attraktiver
machen. Vor dem Hintergrund, dass Schulträger - in unterschiedlichem
Ausmaß - nur beschränkt Mittel zur Ausstattung ihrer Schulen zur
Verfügung stellen können, drängen Werbetreibende mit dem Angebot in die
Schulen, den Schulen als Gegenleistung für Werbung Sponsorenmittel zur
freien Verwendung zur Verfügung zu stellen.
Hier können die Interessen der Schulen an
der Akquisition zusätzlicher Einnahmequellen mit dem Erziehungs- und
Bildungsauftrag und dem Elternrecht kollidieren.
Die Zulassung von Produktwerbung an
der Schule wäre nach dem Verständnis des Kultusministeriums mit dem
Erziehungs- und Bildungsauftrag nicht in Einklang zu bringen.
Sponsoring in Form von Imagewerbung ist hingegen im Rahmen
des Erziehungs- und Bildungsauftrags grundsätzlich zulässig.
Produktwerbung und Imagewerbung lassen
sich in der Praxis nicht immer sauber voneinander abgrenzen, da auch
Imagewerbung im konkreten Einzelfall Erziehungs- und Bildungszielen der
Eltern für ihre Kinder zuwiderlaufen kann. So ist denkbar, dass Eltern
den Einfluss von Sponsoren generell oder bestimmter Sponsoren in der
Schule ihrer Kinder ablehnen. Da allgemeine Schulpflicht besteht,
könnten sich Kinder in der Schule dem Werbeaspekt des Sponsorings nicht
entziehen, was im Einzelfall zu juristisch schwierig zu beurteilenden
Interessenkollisionen führen kann.
In diesem Fall wird zu beurteilen sein,
wie intensiv die Werbung für den Sponsor konkret in den schulischen
Bereich hineinwirkt. Zum einen hängt dies davon ab, ob die Werbewirkung
im Klassenzimmer, in der Aula, in der Turnhalle, auf Fluren, im
Eingangs- oder Außenbereich der Schule eintritt und in welcher Form und
Intensität die Werbung erfolgt (Logo oder Label des Sponsors, Plakate,
elektronischer Bildschirm). Zum anderen wird der pädagogische Nutzen zu
prüfen sein.
Fazit:
Da eine Regelung, die jeden denkbaren
Einzelfall regelt, nicht machbar ist, lässt nur eine
generalklauselähnliche Formulierung den nötigen Spielraum vor Ort und
die damit verbundene Differenzierung. In Baden-Württemberg bildet die
VwV "Werbung, Wettbewerbe, Erhebungen" vom 21.09.2002 die Grundlage für
die rechtliche Beurteilung des Sponsorings.
Nr. 2.2: "Spenden können durch die
Schule entgegengenommen werden, wenn sie pädagogischen Zwecken dienen
und demgegenüber eine etwaige Werbung deutlich zurücktritt und nur einen
geringen Umfang hat."
Entsprechend hat auch die
Innenministerkonferenz am 30.10.2002 Grundsätze für Sponsoring, Werbung,
Spenden und mäzenatische Schenkungen zur Finanzierung öffentlicher
Aufgaben verabschiedet. Danach soll im Schulbereich Sponsoring zulässig
sein, wenn die Interessen des Sponsors mit den pädagogischen Zielen
des Bildungsauftrags zu vereinbaren sind.
Baden-Württemberg erlaubt - wie auch die
meisten anderen Bundesländer keine Produktwerbung an Schulen. Spenden
privater Firmen, die in aller Regel einem Werbezweck dienen, dürfen
daher an Schulen nur der Imagewerbung dienen. Um hier den mit der Spende
verbundenen pädagogischen Vorteil zu nutzen, wird eine maßvolle,
zurückhaltende Werbung soweit sie als Imagewerbung interpretiert werden
kann, toleriert.
Beispiele grundsätzlich zulässiger
Imagewerbung:
Sportartikelgeschäft
stiftet Trainingsanzüge mit Aufdruck des Firmennamens für Sieger bei
Schulsportfest, Sparkasse gibt Geld für Schulfest, Logo erscheint
auf Einladungsschreiben, Sparkassenbanner ist zur Feier in der Aula
angebracht, Computerfirma stiftet Computer, die das übliche
"Stifterschildchen" tragen.
Unzulässig wäre hingegen folgendes an das
Kultusministerium kürzlich herangetragene Werbeangebot:
Werbeagentur will in Schulen an
verschiedenen Stellen wechselnde Werbeplakate mit schul- und
jugendtypischen Werbeinhalten anbringen und der Schule dafür einen
bestimmten Betrag pro Jahr zahlen. Entsprechendes gilt für das Angebot
von zwei elektronischen Schautafeln, von denen die eine als Schwarzes
Brett verwendet werden kann, die andere aber ein Ort schülerbezogener
Werbung an zentraler Stelle im Schulhaus wäre.
Die in Baden-Württemberg erarbeitete
"Gemeinsame Anordnung der Ministerien zur Förderung von Tätigkeiten des
Landes durch Leistungen Privater (AnO Sponsoring)" vom 6. November 2006
(K.u.U. 2007,S. 36) erarbeitet, die folgende Zielsetzung hat:
-
Wahrung der Integrität und des Ansehens
der öffentlichen Verwaltung,
-
Vermeidung eines bösen Anscheins fremder
Einflussnahme bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben,
-
Sicherung des Budgetrechts der
Parlamente und der Vertretungen der Körperschaften des öffentlichen
Rechts,
-
vollständige Transparenz bei der
Finanzierung öffentlicher Aufgaben und
-
Vorbeugung gegen jede Form von
Korruption und unzulässiger Beeinflussung und die Flankierung
korruptionspräventiver Maßnahmen.
Die VwV Werbung, Wettbewerbe, Erhebungen
steht mit der AnO Sponsoring im Einklang.
Bei Sponsorenleistungen und Spenden an
Schulen ist der mit Wirkung vom 17. Februar 2006 geänderte § 78 Abs. 4
GemO zu beachten.
Für Spenden an Schulen ist zu
unterscheiden:
Spenden, die dem Schulträger z.B. zur
Verbesserung der sächlichen Ausstattung der Schule zu gute kommen,
unterfallen den Regularien des § 78 Abs. 4 GemO, nicht aber Spenden, die
dem Schulbetrieb dienen und ohne Beteiligung des Schulträgers bei der
Schule eingehen. Dem Schulbetrieb dienen beispielsweise Zuwendungen für
Schulveranstaltungen (wie Kuchen- und Getränkespenden), Spenden für
Schülerprojekte oder Spenden für pädagogische Projekte der Schule.
Diese Grundsätze gelten auch für
"Sponsoring", das mangels entsprechender Gegenleistung eher
Spendencharakter hat.
Für "echtes" Sponsoring, bei dem also der
Zuwender rechtsgeschäftlich eine angemessene Gegenleistung für seine
Leistung erhält, gilt § 78 Abs. 4 GemO nicht.
Im Einzelnen wird zur Anwendung von § 78
Abs. 4 GemO auf den Artikel von H. Burkhart in der Zeitschrift
"Gemeindetag Baden-Württemberg" 2006, S. 367 ff verwiesen.
Ernst Hoffmann
Regierungsdirektor
Kultusministerium Baden-Württemberg |